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Wie es war …

Wochenend-Seminar mit Kurt Drawert
„Erinnerung und Gedächtnis“ in Kirkel April 2013

Tradition

VS Rheinland-Pfalz, VS Saar und das Literaturwerk Rheinland-Pfalz-Saar e.V. (vormals FÖK) bieten seit etlichen Jahren Wochenend-Seminare für Autoren in Kirkel an. Nachdem das beliebte Seminar längere Zeit nicht stattfinden konnte, hat es nun unter neuer Leitung und anderer Struktur vom 5.-7. April 2013 einen neuen Anlauf gegeben: Vierzehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren anwesend. Das einstimmige Ergebnis von Gruppe und Referent lautet: Dies wollen wir unbedingt in ähnlicher Form wiederholen.

2013 Kurt Drawert

Der Ort

Das Bildungszentrum der Arbeitskammer in Kirkel ist in einer wunderschönen Natur nahe einem Landschaftsschutzgebiet gelegen. Jedem Teilnehmer steht ein Einzelzimmer mit Bad zur Verfügung. In hellen, gut ausgestatteten Seminarräume lässt es sich gut unterrichten. In mehreren Etagen sorgen Kaffeeautomaten und Snacks für Verpflegung zwischendurch. Ausreichend Informatives (Zeitungen, Zeitschriften etc.) bieten in den Pausen Lesestoff.

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Freitagabend

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde hält der Referent Kurt Drawert eine Eröffnungs-Lesung. Er liest einiges Theoretische aus seinem neuesten Buch „Schreiben. Vom Leben der Texte“*, das in kompakter Form eine Fundgrube von Wissen über Schreiben und Literatur ist. Ein Kapitel beschäftigt sich mit dem Thema des Seminars: „Gedächtnis und Erinnerung“. Einblicke in Ausschnitte seiner Lyrik und Prosa folgen.

Drawert erscheint als tiefgründiger Schriftsteller, der den Bedingungen der Wahrnehmung auf den Grund gehen will. Ein kleiner biografischer Hinweis offenbart die komplizierten Hintergründe seiner Herkunft: Er stammt aus der ehemaligen DDR, sein Großvater hat sich der Familie stets als Widerstandskämpfer im Dritten Reich präsentiert, bis der Enkel Hinweise fand, die den Großvater als einen gewöhnlichen Nazi entlarvten. Eine Entdeckung, die Drawert geprägt hat und die in seinen Schriften – besonders im Roman „Spiegelland. Ein deutscher Monolog“ von 1991 – Niederschlag fand.

Samstag – Übungstag

Der Samstag steht ganz unter der Prämisse der Seminararbeit. Theoretische Grundlage ist ein Referat, in dem Kurt Drawert auf die Kompliziertheit von Sprache und Verstandenwerden hinweist sowie auf den Unterschied zwischen Erinnerungs- und Gedächtnisinhalten.

Das Gedächtnis orientiert sich an Fakten. Es gibt keine logische Folge von räumlichen und zeitlichen Sinnesdaten, die die Erinnerung prägen. Empfundene Augenblicke werden mit Sinnesdaten verbunden, so entsteht die Illusion von Kontinuität.

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Schreibübungen – Themen

Die erste Schreibübung besteht darin, in 10 Minuten den allerersten Eindruck aufzuschreiben, als man in Kirkel angekommen war – eine Erfahrung, die alle teilen, die jedoch jeder anders empfunden hat und beschreibt.

Die zweite Übung:

Wir gehen raus in die Natur. Ein schweigender Spaziergang von etwa einer halben Stunde. Wir versuchen, uns alle Eindrücke einzuprägen, nehmen auf, wir hören, sehen, riechen. Gehen zurück in den Seminarraum und schreiben auf. Der erste und der letzte Satz ist vorgegeben.

Das Erstaunliche: In jedem der Texte erkennen wir uns wieder, weil er der gleichen Erfahrung zugrunde liegt – aber jeder Text ist anders, denn in jedem Text wird der eigene Stil der und des Schreibenden offenbar.

Die Rückmeldung:

Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmer sowie Seminarleiter geben faire und konstruktive Statements ab. Keiner der Teilnehmenden wird verletzt, es gibt auch keine unangemessene Lobhudelei. Kritik wird geübt, wie sie sein sollte: konstruktiv, vorausschauend, jede und jeder kann etwas mitnehmen, das sich verbessern lässt.

Nach dem Abendessen:

Kurz-Lesung von Teilnehmern für Teilnehmer – mitgebrachte Texte werden vorgelesen, die teils veröffentlicht sind. Und hier wieder dasselbe Procedere: Jeder, der möchte, kann seinen Text den Kolleginnen und Kollegen vortragen. Alle hätten gern eine Rückmeldung. Die wird wiederum – manchmal sehr lebhaft – gewährt.

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Sonntag – Abreisetag

Am Sonntagmorgen gibt es weitere Gelegenheit, Texte vorzustellen. Es erweist sich als Segen, dass die Gruppe nicht so groß ist und somit jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer in den Genuss kommt, eine individuelle Evaluation zu erhalten.

Das Resümee fällt eindeutig positiv aus: Drawert lobt die Gruppe, deren hohes Niveau, die sehr gute Mitarbeit, er lobt den wunderschönen Ort. Wir alle haben am Ende das Gefühl einer großen Vertrautheit. Wir haben uns – durch unsere Texte – besser kennengelernt. Viele sprechen aus, dass dieses Seminar das bisher beste war, das sie in Kirkel erlebt haben. Und der Wunsch nach Fortsetzung wird offenbar. Dazu ist Kurt Drawert sehr gerne bereit.

http://www.kurtdrawert.de/essays/schreiben-vom-leben-der-texte/pressestimmen.php

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-90438244.html
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